Vorwort Ludwig B. Lühl

Vorwort

„Alles läuft wieder im Regelbetrieb!“ Diese eher nüchtern anmutende Information klang für uns zu Beginn des Jahres 2023 wie eine Verheißung. Voller Zuversicht und Motivation konnten wir endlich in das erste Jahr ohne jede Corona-Restriktion starten. Bereits früh deutete sich an, dass 2023 vielversprechend verlaufen würde. Doch als wir zum Ende des Geschäftsjahres die Ergebnisse auswerteten, waren wir überwältigt: Mit 1.032.446 Übernachtungen hatten wir nicht nur das Niveau von 2019 vor der Corona-Pandemie erreicht, sondern sogar übertroffen. Insgesamt 467.033 Gäste haben 2023 in den 32 Jugendherbergen im Rheinland übernachtet – dieses positive Ergebnis bestärkt uns in unserer Arbeit und ermutigt uns, optimistisch in die Zukunft zu schauen.

Programme für mehr Resilienz

Mehr als jeder dritte Gast war 2023 wieder ein Schüler oder eine Schülerin. Sie kamen in unsere Jugendherbergen, um im Rahmen von erlebnispädagogisch orientierten Klassenfahrten als Teams zusammenzuwachsen, Lernlücken zu schließen, ihre sozialen Kompetenzen zu festigen und endlich wieder Gemeinschaftserfahrungen zu machen. Denn leider gehen die globalen und gesellschaftlichen Krisen auch an unseren Kindern nicht spurlos vorüber: Sie machen sich Sorgen um den Klimawandel und sind spürbar belastet von der Zeit der Corona-Pandemie, an die sich der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und jüngst die Krise im Nahen Osten nahtlos anschlossen. Insofern bin ich sehr glücklich, dass wir, unserem Vereinszweck als Bildungsträger und außerschulischem Lernort folgend, mit gezielten Programmen zu mehr Resilienz in schwierigen Zeiten beitragen konnten. In ihren Zielen ähnlich und im Ergebnis ebenso wirkungsvoll waren unsere zahlreichen Kinder- und Familienfreizeiten, die wir als freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe 2023 durchgeführt haben. Hier zeigte sich deutlich, dass die Jugendherbergsidee zur Völkerverständigung, zur Förderung junger Menschen und Familien, zur Umweltbildung sowie zum Umwelt- und Naturschutz auch nach mehr als 100 Jahren nach unserer Gründung gesellschaftlich relevant ist und bleibt.

Vielfalt erhalten, Angebote weiterentwickeln

Es gehört zu unserer Aufgabe, den traditionellen Kern der Jugendherbergsidee, eine Begegnungsstätte für junge Menschen aus aller Welt sowie Partner für Schulen und Familien zu sein, stetig weiterzudenken. Deshalb haben wir im Vorstand einmütig beschlossen, die Vielfalt unserer Jugendherbergen nicht nur zu bewahren, sondern auch weiterzuentwickeln. Anlass war die Schließung unserer Jugendherberge in Kevelaer. Für diesen Standort werden wir, ganz in der Tradition unseres Gründers Richard Schirrmannn, „Jugendherberge neu denken“ und im Zuge eines innovativen und ergebnisoffenen Prozesses kreative und originelle Neukonzeptionen in Gang setzen. Derzeit sind wir in der Findungsphase und ich kann für mich nur sagen: Es ist eine wahre Freude, an einem solchen Projekt teilzuhaben.

Investitionen in die Zukunft

Mit dem Beginn des Jahres 2023 konnten wir alle Projekte, die während der Pandemie zurückstehen mussten, wieder aufnehmen. So haben wir etwa den Strategieprozess im laufenden Geschäftsjahr wieder aufgegriffen und mehrere IT-Projekte realisiert. Dank der guten Ergebnisse konnten wir 2023 auch wieder investieren. Einer unserer Aufträge, die sich unmittelbar aus der Satzung ableitet, ist unsere Verantwortung für die Natur und die Umwelt. Deshalb investieren wir sukzessive in den klimaneutralen Umbau unserer Jugendherbergen. Hinzu kamen 2023 auch wieder Investitionen in mehr Gästekomfort. Jede Jugendherberge erhielt dazu ein Sonderbudget, das sie je nach Bedarf zur Verbesserung ihrer Gästeinfrastruktur einsetzen konnte.

Die Mitglieder bestimmen unseren Kurs

Meinen herzlichen Dank richte ich an die 330.322 Mitglieder, die den DJH-Landesverband Rheinland e.V. tragen und damit zeigen, wie sehr sie unsere Arbeit wertschätzen. Allein 2023 konnten wir über 8.000 neue Mitglieder gewinnen und bleiben damit der zweitstärkste Landesverband im Deutschen Jugendherbergswerk. Anlässlich der jährlichen Mitgliederversammlung hatte ich im September 2023 Gelegenheit, unsere 41 Delegierten zu begrüßen. Im Rahmen der turnusgemäßen Delegiertenwahl waren 18 von ihnen neu in dieses Ehrenamt gekommen, 23 waren wiedergewählt worden. Stellvertretend für unsere Mitglieder haben die Delegierten die Aufgabe und Chance, den Kurs des DJH-Landesverbands Rheinland mitzubestimmen, Impulse aus der Mitgliederschaft einzubringen und so aktiv das Profil der Jugendherbergen im Rheinland mitzugestalten.

Zusammen für das Gemeinwohl

Alles, was wir 2023 erreichen und auf den Weg bringen konnten, hätte nicht gelingen können, ohne die vielen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden im LVB, die sich täglich in ihrer Arbeit für unsere gemeinnützigen Werte und Ziele einsetzen. Mich beeindrucken immer wieder ihre Unterstützung und ihr tatkräftiger Einsatz. Ihr Engagement steht exemplarisch für die soziale, gemeinnützige Verpflichtung, die auf allen Ebenen des Verbandes unser Handeln bestimmt. Als Vorsitzender möchte ich mich dafür – und für die rückhaltlose Verlässlichkeit unserer fast 800 Mitarbeitenden, der ehrenamtlich Tätigen sowie unserer Kooperationspartner in herausfordernden Zeiten – herzlich bedanken.

Ihr Ludwig B. Lühl
Vorsitzender des DJH-Landesverbands Rheinland e.V.

Interview mit Oliver Mirring

NACHHALTIG WIRTSCHAFTEN. SINNSTIFTEND HANDELN.

Herr Mirring, 2023 waren Sie fünf Jahre als Geschäftsführer des DJH-Landesverbands Rheinland im Amt. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?

Oliver Mirring: Zunächst einmal bleibt es für mich auch nach fünf Jahren sinnstiftend, für einen gemeinnützigen Verband mit gemeinwohlorientierten Zielen arbeiten zu dürfen, der sich seit mehr als 100 Jahren für die Förderung der Jugendhilfe, der internationalen Verständigung sowie des Umwelt- und Landschaftsschutzes einsetzt. Dahinter stehen Werte und Ziele, die heute mehr denn je relevant sind. 2018 bin ich mit dem Ziel angetreten, die Jugendherbergen in eine stabile Zukunft zu führen – die Übernachtungszahlen bewegten sich damals um die Millionenmarke, die Mitgliederzahlen erreichten ihr Allzeithoch – also beste Voraussetzungen, um Zukunft zu gestalten. Doch dann kam vieles anders. Angesichts der Corona-Pandemie, des Krieges in der Ukraine und der Energiekrise darf ich die folgenden Jahre wohl getrost als Achterbahnfahrt zusammenfassen. Allerdings habe ich nie zuvor so viel Solidarität erlebt, wie während der Corona-Pandemie. Von der Politik über den DJH-Hauptverband und das Netzwerk der Landesverbände bis hin zu den Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen haben alle solidarisch für die Jugendherbergen gekämpft und trotz Schließungen und Kurzarbeit zusammengehalten.

Die Pandemie war 2023 überstanden und die Jugendherbergen konnten wieder in den Regelbetrieb schalten. Wie schauen Sie auf das Jahr zurück?

Oliver Mirring: Positiv und vielversprechend: Während der Pandemie wurde der Krisenmodus für uns zum Alltag, wir sind „auf Sicht gefahren“, haben unseren strengen Sparkurs gehalten und nur in das Nötigste investiert. Bereits 2022 deutete sich ein positiver Trend an, der sich 2023 nahtlos fortsetzte: Kaum waren die Jugendherbergen wieder uneingeschränkt offen, kehrten unsere Gäste mit Wucht zurück. Das hat uns tief beeindruckt und wir haben 2023 mit 1.032.446 Übernachtungen unser hervorragendes Ergebnis von 2019 sogar übertroffen. Dies macht den Nachholbedarf an Gemeinschaftserlebnissen für Kinder, Schulklassen und auch Familien deutlich, auf den wir mit gezielten Programmangeboten zum Sozialen Lernen, zur Stärkung der Resilienz und zur Achtsamkeit reagieren konnten. Dank der guten Ergebnisse konnten wir 2023 schließlich viele Projekte, die für eine lange Zeit ausgesetzt waren, wieder aufnehmen sowie in Standorte und in Mehrwerte investieren.

Das klingt nach Innovation und Gestaltung. Was darf man sich darunter vorstellen? Können Sie Beispiele nennen?

Oliver Mirring: Jede Jugendherberge erhielt z. B. ein Sonderbudget, über das sie frei verfügen konnte. Vom E-Bike-Ladeschrank über neue Tagungstechnik bis hin zur barrierefreien Rezeption konnten so viele Neuerungen für den Gästekomfort installiert werden. Beeindruckend ist die riesige Kletterwand, die nun im Foyer der Jugendherberge Gemünd Vogelsang installiert ist und im Rahmen von Programmangeboten genutzt wird. Natürlich wurde auch wieder mehr in die Renovierung und Modernisierung von Häusern investiert, mit denen wir seit jeher den Zimmerkomfort, unsere Services und Programmangebote an die veränderten Ansprüche unserer Gäste anpassen. Für den Standort Kevelaer und die inzwischen stillgelegte Jugendherberge werden wir z. B. in einem kreativen und innovativen Prozess eine zukunftsorientierte Neukonzeption entwickeln. Im Vorstand haben wir beschlossen, ein tragfähiges Nutzungskonzept für die Immobilie und das Gelände zu erarbeiten. Maßgabe ist, den traditionellen Kern der Jugendherbergsidee weiterzuentwickeln und uns mit neuen Konzepten der Zukunft zu stellen. Diese Entscheidung ist auch ein Bekenntnis, unsere Angebote im ländlichen Raum zu erhalten sowie die Vielfalt unseres Angebots nicht nur zu bewahren, sondern weiter auszubauen.

Ihr erklärtes Ziel ist es, die Jugendherbergen bis 2030 in die Klimaneutralität zu führen. Wie machen Sie das?

Oliver Mirring: Der Umwelt- und Naturschutz gehört laut unserer Satzung zur Gründungsidee der Jugendherbergen. Seit mehr als 100 Jahren sehen wir uns deshalb verpflichtet, nachhaltig zu handeln und natürlich auch in energetische Maßnahmen zu investieren. Im Hinblick auf den Klimawandel entspricht dies genau dem Nachhaltigkeitsgedanken, der sich vom „European Green Deal“ der EU über das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung und den „Green Deal NRW“ bis auf unsere Verbandsebene herunterbrechen lässt: In die Klimaneutralität zu investieren, um der globalen Krise verantwortlich zu begegnen und zugleich wettbewerbsfähig zu bleiben. Die größte Hebelwirkung erzielen wir zweifellos mit Investitionen in die energetische Sanierung. Auf dem Dach der Jugendherberge Düsseldorf produziert seit März 2023 eine Photovoltaikanlage (38 kWp) Solarstrom. 2024 sollen weitere Anlagen für fünf Standorte folgen. Für die Pilot-Jugendherberge Simmerath-Rurberg steht das energetische Gesamtkonzept, aus dem wir praxistaugliche Vorschläge für alle Jugendherbergen ableiten können, kurz vor der Fertigstellung. Im Vorausblick auf anstehende EU-Verordnungen sind wir 2023 frühzeitig gestartet, um die erforderlichen Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen. In dem ESG-Verfahren werden wir die Nachhaltigkeitsleistungen des DJH-Landesverbands Rheinland in den Schlüsselbereichen Environmental, Social und Governance dokumentieren, analysieren und bewerten.

Der DJH-Landesverband Rheinland steht seit jeher als Gemeinwohl orientierter Verband für soziale Verantwortung. Wie nehmen Sie diese Verantwortung als Arbeitgeber wahr?

Oliver Mirring: Das Job-Portal, das der DJH-Landesverband Rheinland gelauncht hat, hilft uns, neue Mitarbeitende zu gewinnen. 2023 haben wir als Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb Verantwortung für fast 800 Mitarbeitende und 31 Auszubildende übernommen – Tendenz steigend. Hinzu kommt, dass wir das Thema Inklusion in § 4 unserer Satzung fest verankert haben und deshalb Menschen mit Behinderung aktiv in unsere Arbeitswelt integrieren. Gemeinsam mit Inklusionsdienstleistern beschäftigen wir in den 32 Jugendherbergen im Rheinland über 46 Mitarbeitende mit Handicap. 2023 starteten in der Jugendherberge Köln-Riehl drei Auszubildende mit geistiger Beeinträchtigung in das zweite Jahr ihrer dualen Ausbildung. Sie erhalten dort also die Chance auf eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt. Darüber hinaus ist der DJH-Landesverband Rheinland Mitbegründer des Vereins „Inklusives Unternehmensnetzwerk e.V.“, dem sich mittlerweile 15 weitere Partner angeschlossen haben. Ziel ist, einen inklusiven Arbeitsmarkt zu schaffen, an dem Menschen mit Behinderung ohne Hürden teilhaben können.

Wie blicken Sie nach dem erfolgreichen Jahr 2023 auf die kommenden Jahre als Geschäftsführer?

Oliver Mirring: Ich freue mich darauf, die Ziele und Ideen, mit denen ich vor mehr als 5 Jahren gestartet bin, fort- und umzusetzen. 2023 haben wir den Strategieprozess mit unseren ehrenamtlichen Gremien wieder aufgenommen, um die Gründungsidee der Jugendherbergen sowohl wertekonform als auch marktgerecht für unsere Gäste von morgen auszugestalten. Ein spannender Prozess, der auf allen Ebenen des Verbandes spürbar kreative Kräfte freisetzt. Was unsere Gäste und Übernachtungen betrifft, erwarten wir ein stabiles Jahr 2024, in dem wir uns weiter konsolidieren können. Die Prognosen sind gut und Nordrhein-Westfalen ist als Reisedestination erfolgreich. Wir haben erleben müssen, wie fragil die Welt ist, dass Pandemien, Kriege, Flüchtlingsströme sowie Energie- und Klimakrisen global sind und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden. Mit unseren Angeboten und unserem sozialen Engagement arbeiten wir aktiv daran mit, das Gemeinwohl zu fördern und Solidarität zu stärken. 2023 durften wir erleben, dass viele Menschen sich genau das wünschen, das stimmt uns zuversichtlich.

Vorwort Ludwig B. Lühl

Vorwort

Es geht bergauf – nach zwei herausfordernden Jahren endeten im Frühjahr 2022 die touristischen Corona-Restriktionen und wir konnten endlich unserem Bildungsauftrag wieder vollumfänglich nachkommen. Dies ist wohl die beste Nachricht aus dem Geschäftsjahr 2022. Dahinter steht eine einmalige Gemeinschaftsleistung von Vorstand, Geschäftsführung und Mitarbeitenden. Sie war geprägt von der unbedingten Überzeugung, diese Krise zusammen meistern zu können, gestützt durch Bund und Land NRW, die uns nach Kräften beigestanden haben. Heute zeigt sich, dass sich unser Krisenmanagement, ein umsichtiger Finanzkurs und die schlüssigen Hygienekonzepte gelohnt haben: Mit 927.266 Übernachtungen stehen wir gegenüber dem starken Vor-Corona-Jahr 2019 sehr gut da. Trotz einem Minus von rund 76.000 Übernachtungen dürfen wir auf dieses Ergebnis alle zusammen sehr stolz sein.

 

Endlich hatten wir 2022 auch Gelegenheit, zwei wichtige Termine „nachholen“ zu können: 2021 mussten die Feierlichkeiten der DJH-Landesverbände Rheinland und Westfalen-Lippe anlässlich ihres 100-jährigen Jubiläums ausfallen. Umso mehr freuten wir uns, mit den Kolleg*innen aus Westfalen-Lippe am 29. September im Düsseldorfer Landtag einen gemeinsamen Parlamentarischen Abend mit rund 100 Gästen ausrichten zu können.

 

Erst war es Corona, dann die Jahrhundertflut und zuletzt eine starke Buchungsnachfrage, die eine gebührende Eröffnungsfeier der Jugendherberge Gemünd Vogelsang nicht zuließen. Am 23. Oktober 2022 war es endlich so weit: Mit zahlreichen geladenen Gästen haben wir an einem schönen Herbsttag die Jugendherberge offiziell wiedereröffnet. Der Feierstunde folgte ein bunter „Tag der offenen Tür“, den viele Besucherinnen und Besucher aus der Eifelregion nutzten, um die Jugendherberge und ihre Partner kennenzulernen.

 

Gemeinsam holen wir auf

Alle sind sich darüber einig, dass Gemeinschaftserlebnisse vor allem bei Kindern in den letzten Jahren zu kurz gekommen sind. Umso erfreulicher, dass wir im dritten Corona-Jahr einen starken Nachholbedarf an Erlebnisreisen, Familienfreizeiten und Klassenfahrten wahrnehmen konnten. Wir freuen uns darüber, dass unsere Gäste schnell und zahlreich zurückkehrten. So viel Freude war lange nicht in unseren Jugendherbergen! Überall war spürbar, wie sehr den Kindern und Jugendlichen die außerschulischen Lernerlebnisse in der Gruppe gefehlt hatten. Gleiches galt für die Familien und Kinder, die im Rahmen des vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Programms „Aufholen nach Corona“ zu uns kamen. 51 erlebnispädagogische Familien- und 8 Kinderfreizeiten konnten wir insgesamt veranstalten. Für den DJH-Landesverband Rheinland war es selbstverständlich, hier zu kooperieren, denn die Angebote richteten sich ausschließlich an Personen, die eine Teilnahme ohne Förderung nicht hätten finanzieren können.

 

Wir leben soziale Verantwortung

Neben der Corona-Pandemie sorgte der Krieg in der Ukraine in den Kommunen für erhöhten Hilfsbedarf bei vulnerablen Gruppen. Schnell und unkompliziert konnten wir im Sinne des Gemeinwohls dringend benötigte Unterkünfte bereitstellen: Die JH Wuppertal nahm direkt nach Kriegsausbruch die Kinder eines Kiewer Waisenhauses sowie ihre Betreuenden auf. Die Jugendherberge Pathpoint Cologne setzte ihre Hilfe für Obdachlose fort und bot darüber hinaus auch ukrainischen Geflüchteten ein temporäres Zuhause. Die JH Duisburg Landschaftspark beherbergte THW-Mitarbeitende, die im Landschaftspark Duisburg Nord ukrainische Kriegsflüchtlinge versorgten. Die Zusammenarbeit und Absprachen mit Kommunen und Bezirksregierung haben sich in allen drei Fällen wieder als sehr kooperativ und konstruktiv herausgestellt.

 

Wir werden digitaler

Erstmals erreicht Sie mein Vorwort zum Jahresbericht nun als Blog-Beitrag. Als zeitgemäßes digitales Format wird er fortan die Print-Fassung ersetzen und Sie als Leser*innen überall und jederzeit erreichen können. Das neue Format macht es möglich, dass ich von Zeit zu Zeit Highlights und Neuigkeiten aus dem Verbandsleben mit Ihnen teilen kann. Freuen Sie sich auf dieses „Mehr“ an Möglichkeiten.

 

Wir bleiben „auf Kurs“

Abschließend möchte ich mich beim ehrenamtlichen Vorstand, unserem Geschäftsführer sowie den Mitarbeitenden des DJH-Landesverbands Rheinland aus vollem Herzen bedanken. Sie alle versammelten sich trotz Einschränkungen und Engpässen im Personalbereich stets bedingungslos hinter den Zielen des Verbandes und hielten ihn auch 2022 in einer loyalen Gemeinschaftsleistung „auf Kurs“.

 

Herzlich, Ihr

Ludwig B. Lühl
Vorsitzender des Vorstands

Interview mit Oliver Mirring

Anknüpfen. Fortsetzen.
Neues bewegen.

Herr Mirring, hinter dem DJH-Landesverband Rheinland liegen drei herausfordernde Jahre. Wie blicken Sie als Geschäftsführer auf diese Zeit?

 

Oliver Mirring: Allem voran blicke ich auf eine bewegte Zeit, die von unbedingtem Zusammenhalt geprägt war. Eine Zeit, die uns von einer hervorragenden Ausgangslage mit stabilen Übernachtungsergebnissen über einer Million und einem Allzeithoch bei den Mitgliederzahlen in eine bisher nicht gekannte dramatische Krise führte. Durch die Pandemie brachen die Übernachtungen auf ein Minimum ein. Mehr noch: Wir mussten alle Investitionen stoppen und viele ambitionierte Projekte auf Eis legen, um uns in einer unglaublichen Gemeinschaftsleistung wieder aus der Krise herauszuarbeiten. Herzlichen Dank an unsere Mitglieder, denn sie haben diesem harten, aber notwendigen Kurs vertraut und ihn nach Kräften unterstützt. Die Anzahl unserer Mitglieder blieb glücklicherweise während der Pandemie nahezu konstant.

 

Bei unserem letzten Interview blickten Sie zuversichtlich auf das bevorstehende Jahr 2022. Hat sich Ihr Optimismus bewahrheitet?

 

Oliver Mirring: Ja, angesichts von 927.266 Übernachtungen bin ich vorsichtig optimistisch, schon bald an die starken Ergebnisse des Vor-Corona-Jahres 2019 anknüpfen zu können. Nachdem im März 2022 alle Reisebeschränkungen fielen, kamen unsere Gäste zurück – ein Trend, der sich bereits Ende 2021 abzeichnete. Besonders beeindruckend war das „Comeback“ der Schulen. Nach all den Lockdowns und Schulschließungen haben sie unsere außerschulischen Erlebnisprogramme verstärkt nachgefragt, um Lernrückstände zu reduzieren und die so dringend benötigten Gemeinschaftserlebnisse nachzuholen. Das machen die aktuellen Ergebnisse sehr gut deutlich: 388.524 Übernachtungen, also mehr als 40%, gehen auf die Grund- und weiterführenden Schulen zurück. Auch im Freizeitsektor zeigte sich, wie unbedingt notwendig nachhaltige Gemeinschaftserlebnisse und pädagogische Programme nach der Pandemie waren. Neben den rund 50 eigenen Erlebnisreisen für Kinder, Jugendliche und Familien haben wir in zehn Jugendherbergen für insgesamt 3.940 Gäste zusätzliche erlebnispädagogische Familien- und Kinderfreizeiten im Rahmen des Förderprogramms „Aufholen nach Corona“ veranstalten können. Das qualifizierte Aktionsprogramm fand in Kooperation mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend statt und richtete sich an Gäste, die ohne eine Förderung an dem Programm nicht hätten teilnehmen können. 89% der Teilnehmenden gaben ein positives Feedback und meinten: „Wir würden gerne wieder Urlaub in einer Jugendherberge machen.“

 

Auf Corona folgte 2022 der Ukraine-Krieg. Welche neuen Aufgaben kamen damit auf die Jugendherbergen im Rheinland zu?

 

Oliver Mirring: Angesichts des unfassbaren Leids durch den Ausbruch des Krieges in der Ukraine sind wir unserem gesellschaftlichen Auftrag gefolgt und haben Behörden und Kommunen umgehend Hilfe angeboten. Dank einer Kooperation mit den Bezirksregierungen Düsseldorf und Köln, später dann mit der Stadt Wuppertal, ist seit Ausbruch des Krieges zum Beispiel ein Kinderheim aus Kiew mit seinen Betreuenden in der Jugendherberge Wuppertal beheimatet. Auch in der Jugendherberge Duisburg Landschaftspark konnten wir schnell unterstützen: Dort kamen für vier Wochen THW-Mitarbeitende unter, die in der benachbarten Kraftzentrale Kriegsflüchtlinge betreuten. In Köln setzten wir die bestehende Kooperation zwischen der Jugendherberge Pathpoint Cologne und dem Verein „Helping Hands“ für Obdachlose bis nach dem Winter fort – um das Haus anschließend ebenso temporär an die Stadt Köln für ukrainische Geflüchtete zu übergeben.

 

2022 war ein turbulentes Jahr für Energiepreise. Drohende Mangellagen, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg, hatten enorme Preissteigerungen von Strom und Gas zur Folge. Welche Konsequenzen haben Sie daraus gezogen?

 

Oliver Mirring: Als direkte Reaktion auf die steigenden Energiepreise setzten wir in den Häusern ad hoc viele nichtinvestive und geringinvestive Maßnahmen zum Energiesparen um. Das heißt, dass wir nochmals mit offenen Augen, Sinn und Verstand durch unsere Jugendherbergen gelaufen sind und überprüft haben, wo wir beispielsweise Energiesparlampen oder andere große „Energieverbraucher“ austauschen oder eliminieren können. Für die kommenden Jahre werden wir weitere Maßnahmen zur Ressourceneinsparung und effizienteren Energienutzung fortführen, die während der Pandemie nicht realisierbar waren. Ein neuer Mitarbeiter wird zum Beispiel ab März 2023 unsere Expertise zu regenerativen Energien verstärken. In der Jugendherberge Simmerath-Rurberg startete 2022 zudem ein energetisches Pilotprojekt, das hoffentlich auf viele Jugendherbergen übertragbar sein wird. Und auch in den Büros der Geschäftsstelle hat sich einiges getan: Dank neuer Hard- und Software arbeiten wir mobiler, Dienstreisen und Konferenzen in Präsenz bleiben auf ein Minimum reduziert. All das schafft mehr Flexibilität und spart Zeit, Kosten und Energie. Das Klima durch Co2-Reduktion zu schützen und auf nachhaltige Energieträger umzusteigen, sind also nicht erst seit Ausbruch des Krieges notwendige Aufgaben, denen wir uns stellen: Mein Ziel ist es, den DJH-Landesverband Rheinland in den kommenden Jahren in die Klimaneutralität zu führen. An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass Natur- und Umweltschutz seit über 100 Jahren in unserer Satzung festgeschrieben sind.

 

Eine Organisation insgesamt nachhaltig aufzustellen impliziert auch ein nachhaltiges Personalmanagement. Welche Dimensionen hat dieses Thema für den DJH-Landesverband Rheinland als Arbeitgeber?

 

Oliver Mirring: Während meiner Amtszeit hat es beispielsweise in 10 von 33 Jugendherbergen einen Leitungswechsel gegeben, der einem Generationenwechsel gleichkommt. In den meisten Fällen verabschiedeten wir langjährige Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand, denen neues Führungspersonal nachfolgte – darunter erfreulicherweise junge Mitarbeitende aus den eigenen Reihen.

Neues Personal zu finden – da geht es uns wie der gesamten Branche – bleibt nach wie vor ein längerfristiges Thema. Durch Corona wechselten zahlreiche Mitarbeitende den Arbeitsplatz, sodass wir im Service weiterhin Engpässe haben. Erfolge im Recruiting erzielen wir hier mit unserem digitalen Karriereportal, das sehr gut eingeführt und positioniert ist. Ein Team arbeitet zudem daran, die Vorteile des „Arbeitsplatz Jugendherberge“ noch offensiver zu kommunizieren. Untrennbar dazu gehört auch die Wertekommunikation. Gerade für junge Menschen auf der Suche nach einer sinnstiftenden Arbeit sehe ich darin für die Jugendherbergen als Arbeitgeber einen klaren Vorteil.

Hinzu kommt, dass der Integrations- und Inklusionsauftrag der Jugendherbergen auch für das Personalwesen gilt. Schon lange ist Inklusion – im Übrigen auch seit langen Jahren ein Satzungsauftrag unseres Vereins – am Arbeitsplatz für uns selbstverständlich. Dazu kooperieren wir etwa mit Dienstleistern wie „Projekt Router gGmbH“. Neu ist seit 2022 ein Modellprojekt in Kooperation mit „mittendrin e.V.“. Der Verein setzt sich für die Integration junger Menschen mit geistiger Behinderung in den ersten Arbeitsmarkt ein. Das Pilotprojekt startete in der Jugendherberge Köln-Riehl und wird vom Land NRW und der EU gefördert, um später bundesweit Schule zu machen.

Neu ist ebenfalls eine Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz als größtem Träger für Freiwilligendienste in Deutschland. Mit Hilfe der Agentur „FreiWerk“ werden erstmals in acht Jugendherbergen junge Menschen eingesetzt, die uns im Rahmen ihres Freiwilligen Sozialen Jahrs im Herbergsalltag ihren Interessen entsprechend unterstützen, um neue Kompetenzen zu erlangen.

 

Trotz aller Unwägbarkeiten deutet vieles darauf hin, dass sich die Reisebranche erholt. Welche Chancen sehen Sie für den DJH-Landesverband Rheinland?

 

Oliver Mirring: Reiseanalysen zeigen, dass Urlaub für die Menschen in Deutschland wieder hohe Priorität hat. Insgesamt werden sie kostenbewusster reisen und ihre Ausgaben hinterfragen, sodass preiswerte Ferienunterkünfte profitieren, während kostspielige Kurzurlaube sowie Flugreisen auf den Prüfstand kommen. Deutschland ist und bleibt deshalb als nahe gelegenes Reiseziel beliebt. Davon profitiert auch das Reiseland NRW, das sich jüngsten Analysen zufolge deutlich im Aufwind befindet. Für uns heißt das, die vielen zukunftsweisenden Konzepte, Pläne und verbandsinternen Strategien, die wir während der Pandemie zurückstellen mussten, wieder aufzunehmen, zu relaunchen und möglichst schnell und konsequent umzusetzen. Sie sind in jeder Hinsicht ein solides Fundament für die folgende „Langstrecke“.